Interview mit Françoise Schaetzel

Interview mit Françoise SCHAETZEL, Präsidentin der ADEUS

Francoise Schaetzel, Présidente de l'ADEUS

Françoise SCHAETZEL,
Vizepräsidentin der Eurometropole Straßburg,
zuständig für die Bereiche praxisorientierte Stadtplanung,
Lebensumfeld und Lebensqualität,
Luftqualität und Umweltgesundheit

Präsidentin der ADEUS

Die Agentur für Städtebau und Stadtplanung des Ballungsraums Straßburg (ADEUS) versteht sich als eine vertrauenswürdige unabhängige Instanz im Dienste der Mandatsträger/-innen der Gebietskörperschaften und ihrer Partner. Was soll sie ihren Mitgliedern bieten? Was muss sie garantieren?

Die ADEUS ist eine neutrale Stelle, die den Austausch zwischen Mandatsträgern/Mandatsträgerinnen, Fachleuten und Partnern in einem respektvollen Klima des gegenseitigen Vertrauens und Zuhörens ermöglichen soll. Dieser Rahmen ist mir äußerst wichtig. Durch ihn zeichnet sich die Agentur aus. Die ADEUS ist eine Agentur im Dienst ihrer Mitglieder. Sie ermöglicht es, Visionen für die Raumplanung in unseren Gebieten zu erörtern und einander gegenüberzustellen, um die Zukunft der Gebiete, deren Entwicklungen in unserem grenzüberschreitenden Metropolraum eng miteinander verbunden sind, zu gestalten.

Die Agentur stellt allen ihren Mitgliedern ihr Fachwissen zur Verfügung und ermöglicht es durch ihre Monitoringstellen, eine verlässliche gemeinsame Wissensbasis aufzubauen. Ihre Zukunftsorientierung ist erforderlich, um basierend auf einer ganzheitlichen und behördenübergreifenden Sicht des gesamten Gebietes mögliche Entwicklungsszenarien aufzuzeigen und die Konkretisierung der Politik der öffentlichen Hand zu begleiten.

Die ADEUS gehört im Rahmen der dynamischen gebietsübergreifenden Entwicklungen zu den maßgeblichen Einrichtungen, die sich mit der Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen auf verschiedenen Ebenen tätigen Akteuren auseinandersetzen. Zusammenarbeit zwischen den Gebieten lässt sich nicht verordnen, sondern entsteht im Laufe von Projekten. Diese Art zu arbeiten wirft viele Fragen auf: Wie stellen wir uns die Zusammenarbeit vor? Wie beziehen wir die Akteure langfristig ein? Wie sollte man am besten vorgehen und den nötigen Abstand gewinnen, um eine kohärente bzw. resiliente Raumentwicklung zu erreichen?

Wir leben in einer von Unsicherheit geprägten und heute speziell vom Klimawandel bedrohten Welt. Die Berichte der Vereinten Nationen und des Weltklimarates sind diesbezüglich unmissverständlich. Unsere rechtlichen Rahmenbedingungen wurden mit dem französischen Klimaschutzgesetz entsprechend angepasst; damit wurde der Umweltschutz im Alltag der Menschen und in unseren Gebieten verankert, um so den ökologischen Wandel voranzutreiben. Wir sind als Einzelne und als Gemeinschaft dazu aufgerufen, die Veränderung unseres Modells der gesellschaftlichen Entwicklung in allen Bereichen zu beschleunigen: Konsum, Produktion, Arbeit, Mobilität, Wohnen, Ernährung und besserer rechtlicher Schutz für unsere Umwelt.

Die Agentur steht an vorderster Front, wenn es darum geht, diese Veränderungen zu begleiten, indem sie dabei hilft, die neuen Herausforderungen anzugehen, die sich aus der Dringlichkeit kurzfristiger Maßnahmen und dem Streben nach langfristiger Resilienz ergeben. Diese Herausforderungen machen es notwendig, dass sich die Gebiete gegenseitig ergänzen, und sie erfordern einen fruchtbaren Dialog zwischen Kommunen, Gemeindeverbänden, den PETR (pôles d’équilibre territorial et rural), die sich um das Gleichgewicht zwischen städtischem und ländlichem Raum kümmern, der Region und natürlich den grenzüberschreitenden Gremien, die für unsere Anbindung an das gesamte Oberrheingebiet sorgen, dem wir ja ebenfalls angehören. Aufgrund dieser Zugehörigkeit müssen wir gemeinsam über die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Flächenverbrauch, der wirtschaftlichen Entwicklung, der Mobilität, der Landwirtschaft und den durch die Covid-19-Pandemie ausgelösten gesellschaftlichen Entwicklungen diskutieren und sie dann unter dem Gesichtspunkt der Klimafragen neu bedenken.

Die ADEUS hat dazu beigetragen, die Entwicklung und Verflechtung der Gebiete, aus denen die polyzentrische Metropolregion Straßburg besteht, aus einer grenzüberschreitenden Perspektive zu beschreiben. Die neuen Herausforderungen für die weitere Entwicklung dieser Metropolregion bestehen nunmehr darin, für eine besser sichtbare und umfassendere Einbindung in den Oberrheinraum zu sorgen. Wie kann die Agentur angesichts dieser veränderten Ausrichtung eine treibende Kraft bleiben?

Wie ich bereits betont habe, sind die Entwicklungen unserer Gebiete durch ihre gemeinsame Lage im Oberrheinraum eng miteinander verbunden. Um die Zukunft dieses Raums zu gestalten, müssen die Herausforderungen erörtert werden, mit denen wir alle konfrontiert sind, insbesondere im Zusammenhang mit der Mobilität, der Landwirtschaft, der Ansiedlung von Unternehmen und der Frage des sparsamen Umgangs mit Grund und Boden.

Wir können viel voneinander lernen, und genau darauf zielte das Planspiel ab, das am 21. und 22. September in Straßburg stattfand und zahlreiche Akteure aus den Bereichen Planung und Wirtschaft sowie französische und deutsche Politiker/-innen zusammenführte.

Der Austausch im Rahmen dieser Veranstaltung ermöglichte es, eine gemeinsame Analyse der aktuellen und zukünftigen Vorgehensweise im Zusammenhang mit Flächen für Gewerbegebiete vorzunehmen, in denen sich Unternehmen ansiedeln können, sowie Hindernisse und Möglichkeiten für deren Überwindung aufzuzeigen. Dieser innovative Ansatz, der den Deutschen gut bekannt ist, an den sich die französischen Partner aber erst gewöhnen müssen, soll im Ergebnis zur Schaffung eines grenzüberschreitenden Gewerbegebietes mit mehreren Standorten führen. Deutscher Pragmatismus verbunden mit französischer Flexibilität – eine bereichernde Erfahrung, um Lösungen zu finden, gemeinsam zu handeln und kulturelle Asymmetrien abzubauen.

Die zweite Runde dieses Planspiels findet am 9. und 10. November 2021 in Straßburg statt.

In Absprache mit Pierre Laplane, dem Geschäftsführer der ADEUS, wollen Sie Überlegungen zu einer Neuausrichtung in Gang setzen und eine Vision für die Agentur entwickeln. Derzeit wird an zwei Dingen gearbeitet: einem partizipativen Projekt der Agentur und einem partnerschaftlichen Arbeitsprogramm über drei Jahre, dessen Fahrplan mit den Partnern der Agentur vereinbart wurde.
Können Sie uns etwas über den Geist dieses neuen Agenturprojekts und seine internen und externen Ziele sagen?
Was muss ein auf drei Jahre angelegtes Arbeitsprogramm leisten?

Nach dem politischen Wechsel infolge der französischen Kommunalwahlen, die mit dem Einzug zahlreicher neuer Abgeordneter in die politischen Gremien einherging, war es unerlässlich, sich gemeinsam neu zu sortieren und sich die Zeit zu nehmen, ein Konzept zu erarbeiten, das es ermöglicht, sich über die Projekte und Herausforderungen in den kommenden Jahren zu verständigen.

Pierre Laplane und ich legen großen Wert darauf, sowohl intern als auch extern ein Klima des Vertrauens zu schaffen. Wir wollen, dass es diese Zeit der Bestandsaufnahme und des Austauschs ermöglicht, eine von allen geteilte Vision mit klaren Zielen zu entwickeln. Für ihre Weiterentwicklung benötigt die Agentur in fachlicher und finanzieller Hinsicht möglichst sichere Rahmenbedingungen. Deshalb gibt es das partnerschaftliche Arbeitsprogramm, das künftig mehrjährige Prioritäten enthalten und eine flexiblere jährliche Umsetzung ermöglichen soll. Damit erhält sich die Agentur den Spielraum, um auf die spezifischen Bedürfnisse ihrer Mitglieder einzugehen.

Diese Arbeit ist zurzeit im Gange. Die Agentur hat ein offenes Ohr für ihre Partner. Ich danke dem gesamten Team, das sich aktuell für die Erfüllung unseres Auftrags einsetzt.